Betrachtungen zu Futterlob

Wenn ich erzähle, dass ich ohne Futterlob arbeite, dann gibt es meistens zwei Reaktionen. Die eine ist volle Zustimmung (oft allerdings auch von Menschen, die erwarten, dass ein Pferd in gewissem Maße einfach zu funktionieren hat), die andere ist eher ungläubig, denn wie kann man denn ohne Futter tierfreundlich trainieren? 
Deshalb möchte ich hier meine ganz persönlichen Erfahrungen und Überlegungen zum Thema Futterlob für Euch zusammenfassen.

Arbeiten ohne Futterlob – geht das?

Als ich anfing mit meiner Stute Björk zu arbeiten, war sie Menschen gegenüber nicht wirklich zugängig und sehr schwer zu motivieren. Damals – also vor über 10 Jahren war das Verwenden von Futterlob für mich naheliegend, da sie sehr futterorientiert war. Mit dem Konzept des Clickerns hatte ich mich einige Jahre zuvor eher theoretisch auseinandergesetzt, wirklich danach gearbeitet hatte ich nie. Mit meiner Stute war es für mich auch nicht wirklich möglich, da sie vor dem Geräusch des Klickers ziemlich große Angst hatte. 

Heute ist Clicker- (oder richtiger Marker-) training bei Tierbesitzern in aller Munde und wenn man die Diskussionen in den sozialen Medien verfolgt, dann scheint es hier nur ein entweder – oder zu geben. Das Arbeiten mit Futterlob scheint dabei untrennbar mit „positivem“, tierfreundlichem Training verknüpft zu sein.

Ich selbst habe für mich nach einigen Jahren des Herumprobierens einen Weg (nahezu) ohne Futterlob gewählt. Wie so etwas aussehen kann, ob so ein Weg trotzdem pro Pferd sein kann und warum ich Futterlob kritisch gegenüberstehe, möchte ich in diesem Blogartikel darstellen. Die folgenden Überlegungen basieren nicht auf wissenschaftlichen Grundlagen, bzw. teilweise auf den Humanbereich bezogenen, sondern lediglich meinen eigenen Überlegungen und Erfahrungen. Es geht mir auch nicht darum, das Arbeiten mit Futterlob irgendwie zu verteufeln, ich möchte einfach über meine ganz eigene Herangehensweise erzählen und ein paar Gedankenanstöße geben.

Über Pferdetraining ohne Futterlob

Björk Sprung

Gemeinsam macht’s einfach mehr Spaß 🙂

Das Training ohne Futterlob hat sich bei mir so nach und nach entwickelt, vor allem je mehr meine Arbeit mit Pferden gesundheitsorientiert wurde. Und je mehr mir meine eigenen Pferde gezeigt haben, dass man körperliche Probleme nicht mit Belohnung beheben kann. 
Bei meiner Art von Training möchte ich, dass Pferde unvermittelt zeigen, wenn ich an ihre Grenzen stoße und dass sie sich Bewegungen zeigen lassen. Viele Pferde, die ähnliche Übungen kennen, wollen zeigen, wie gut sie das können, allerdings erfüllt die Übung dann selten wirklich ihren Zweck. Viele dieser „ich kann das selber“ Pferde haben große Probleme, sich locker z.B. bei der Biegung der Halswirbelsäule führen oder ein Bein wirklich locker in der Hand liegen zu lassen. 
Es ist meiner Meinung nach ebenfalls unsinnig, das Stehen auf Balancepads mittels Futterlob zu bestätigen, denn ich möchte, dass die Pferde zeigen, wenn es genug ist. Für Futter würden manche wohl stundenlang stehen bleiben. 

Ich habe mittlerweile die Erfahrung gemacht, dass die Arbeit ohne Futterlob und konsequentes Training im Bezug auf die Fütterung aus der Futterschüssel zu einer deutlich konzentrierteren Arbeitsatmosphäre mit viel weniger Stress führt. Natürlich geht’s dabei nicht einfach nur darum, das Leckerli wegzulassen. Ich achte sehr darauf, dass es um ein Training im Sinne der Pferde geht – was bedeutet, dass ich auf die Befindlichkeiten meiner Pferde Rücksicht nehme und das Training den aktuellen Gegebeneheiten anpasse. Ich habe natürlich durch meine energetischen Methoden auch sehr gut die Möglichkeit, meinen Pferden einfach nur mal was gutes zu tun. Und somit ist die gemeinsame Arbeit in gewisser Weise einfach „selbst belohnend“. Auch wenn es zwischendrin mal unangenehm ist oder es tatsächlich fürs Pferd auch mal eher unangenehm ist, letzendlich wirkt sich das Training positiv aus. 
Aus meiner Sicht ist die Arbeit mit Futterlob der einfachere Weg. Ohne Futter muss man meiner Erfahrung nach kreativer sein und wirklich sehr genau auf die Reaktionen der Pferde achten um ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen. Und man muss sich auch seiner eigene Körpersprache und Energie bewusst werden. 
Was gerade die richtige Belohnung ist, ist immer situationsabhängig und bei meinen beiden Damen auch recht unterschiedlich. Sofern nicht grad wo ein Muskel oder eine Faszie zwickt, liebt meine Jungstute es an bestimmten Stellen gekratzt zu werden. Auch das gemeinsame Laufspiel, wo ich schon auch mal Druck mache, findet sie recht lustig. Auch wenn meine alte Stute körperliche Nähe mittlerweile zulassen und durchaus genießen kann, bevorzugt sie eher die gemeinsame Pause und oft stehen wir dabei mit verschiedenen Varianten von Kontakt aber ohne zu kraulen. Laufspiele findet sie nur dann lustig, wenn wir wirklich gemeinsam laufen. Dann springt sie auch ohne zu zögern mit mir gemeinsam über das Cavaletti, dass sie beim „normalen“ Freilauf eher mal links liegen lässt. Beide Pferde genießen die gemeinsamen Energetikeinheiten (sofern ich nicht grad eine akutere Blockade erwische). Diese Pausen und entspannenden Energetikeinheiten laufen mittlerweile immer freistehend ab, so können sie mir sehr deutlich zeigen, ob das jetzt gerade in ihrem Sinn ist.

Meine Jungstute zeigt sehr deutlich, dass sie das Kraulen genießt.

Im Folgenden möchte ich ein paar Themenbereiche anführen, die meine Entscheidung beeinflusst haben.

Ganz oder gar nicht

Bei meiner Stute Björk arbeitete ich wie erwähnt vor allem anfangs mit Futterlob als Motivator. Allerdings machte ich dabei auch einige Fehler…
Ich nutzte das Futter nicht in allen Belangen gleichermaßen, sondern nur im Zusammenhang mit bestimmten Übungen wie z.B. Zirkuslektionen. Was dazu führte, dass sie anfing immer die Dinge (wie z.B. Kompliment) anzubieten, wofür die Chance auf ein Leckerli am größten war. 
Ich habe dazu ein altes Video von Dezember 2011 gefunden, wo man das recht deutlich erkennen kann (ab Minute 1.20). Man sieht sehr gut, dass undeutliche Körpersprache meinerseits zu ziemlicher Unsicherheit bei Björk führten und sie dann einfach mal das anbot, was besonders gut installiert war. Wenn ich mich richtig erinnere, dann waren zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Zirkuslektionen die wenigen Ausnahmen, wo ich Leckerli verwendete (wie man im Video sieht, allerdings auch nicht immer).
Es ist auch für mich ganz spannend, meine Fehler von damals auf Video zu sehen. Natürlich war ich durch das Filmen auch noch etwas unsicherer als sonst, man will ja in so einer Situation alles ganz besonders gut machen. Für alle, die sich das ganze Video ansehen, möchte ich noch ergänzend hinzufügen, dass Reiten für Björk und mich immer ein gewisser Kompromiss war – ich hatte sie als quasi unreitbar übernommen.
Die lustigen Flecken auf der Seite kommen übrigens daher, weil der dicke Bauch (Björk war da gerade trächtig) nicht mehr ohne gewisse Reibung in den Futterstand passte…

Wenn sie heute nicht weiß, was ich von ihr will, dann macht sie eher mal gar nichts als wahllos irgendetwas anzubieten – bzw. sie macht einfach das, was ihr meine Körpersprache vermittelt. Denn auch heute bin ich manchmal nicht so eindeutig, wie ich gerne wäre… Und da gibt es keinen Unterschied, ob wir uns am Reitplatz, am Putzplatz oder im Gelände befinden. Ich achte sehr darauf, keinen Unterschied in der Wertigkeit von alltäglich Übungen oder irgendwelchen besonderen Spielereien zu machen. 

Futterlob und Stress

Viele Pferdebesitzer (bzw. Tierbesitzer ganz allegemein) wollen mit ihren Tieren möglichst stressfrei und motivierend arbeiten. Da ist das Arbeiten mit Futterlob, oft in Verbindung mit dem sogenannten Clicker- oder besser Markertraining für viele das Mittel der Wahl. Ich hatte mich bereits vor der Zeit mit meinem Pferd sehr intensiv mit dem Thema Clickertraining beschäftigt, da Björk aber mit dem klickenden Geräusch ein großes Thema hatte und es nicht möglich war, den Clicker positiv zu belegen, war das Thema für mich recht schnell erledigt. Mit anderen Markern hatte ich mich damals nicht wirklich auseinandergesetzt. 
Erst nach und nach fing ich an zu verstehen, wie wichtig die Höflichkeit im Bezug auf Futter ist und fing an, das konsequent zu trainieren. Das klappte im Bezug auf die Futterschüssel auch bald recht gut, wenn es Leckerli gab, blieb sie aber immer etwas hektisch. Dass das für sie auch in gewissem Ausmaß stressig war, erkannte ich damals noch nicht so wirklich, ich empfand sie einfach phasenweise als unhöflich und zu fordernd, wenn sie etwas haben wollte. Heute sind mir diese Zusammenhänge deutlicher bewusst.

Leider sieht man sehr viele Pferde, die in Gegenwart von Futter (sei es jetzt die Futterschüssel oder das Leckerli) kaum ruhig stehen können. Da wird gescharrt, gerempelt und die Futterschüssel oder das Leckerli quasi eingefordert. An ein Vorbeigehen an einer vollen Futterschüssel oder über ein Stück Wiese in Ruhe ist kaum zu denken. Im Training wird – wie ich es auch bei meiner alten Stute erlebt habe – alles angeboten, was zum erwünschten Ziel – nämlich ein Leckerli zu bekommen – führen könnte. 

Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen der Futterschüsselsituation oder der Trainingssituation. Bei letzterer wird oftmals damit argumentiert, dass das Pferd ja Spaß dabei hat. Man darf dabei allerdings eines nicht vergessen. Die körperliche Reaktion ist auch bei einer positiven Erregung die gleiche wie beim oft als „negativ“ bezeichneten Stress durch unangenehme Situationen. Oft ist das Erregungsniveau über die gesamte Trainingseinheit sehr hoch, wenn Futter anwesend ist. Und selbst positive Aufgeregtheit kann jederzeit in Frust umschlagen, wenn das erwartete Leckerlie dann doch nicht kommt. Wenn man mit Futterlob arbeitet, dann sollte man sich wirklich gut mit den unterschiedlichen Lerntheorien auseinandersetzen und sich darüber bewusst sein, was mit positiver und negativer Verstärkung tatsächlich auf sich hat. Da es bereits genug gute Ausführungen dazu gibt, möchte ich an dieser Stelle zu den Blogartikeln einer geschätzen Hundetrainerin verweisen (Klassiche Konditionierung und Operante Konditionierung).

Auch wenn ein gewisses Maß an Stress die Aufnahmefähigkeit erhöht, ist Lernen unter (Dauer)stress nicht wirklich möglich. Und das betrifft für mich auch das Thema Unsicherheit und Angst. 
Bei energetischen Behandlungen – insbesondere bei Hunden – konnte ich die Beobachtung machen, dass sie durch Leckerli, die dazu dienen sollten, sie zur besseren Mitarbeit zu bringen, so abgelenkt waren, dass sie sich auf die Arbeit gar nicht einlassen konnten. Ohne Leckerli war zwar die Arbeit für mich dann etwas schwieriger, aber die Erfolge waren deutlich besser. Daher bin ich mir nicht sicher, ob der Ansatz das Tier in stressigen Situationen mit Futter zu beruhigen wirklich zielführend ist und ob tatsächlich der gewünschte Lernerfolg eintritt. Man muss jedenfalls sehr genau darauf achten, wie hoch das Stresslevel ist und ob das Tier dabei durch das Futter nur abgelenkt ist oder das Leckerli tatsächlich als Verstärker wahrnehmen kann. 

Wenn man stressfrei mit Futterlob arbeiten möchte, dann muss man das Thema Entspannung jedenfalls mit ins Training aufnehmen. Denn nur wenn ein Pferd in Gegenwart von Futter entspannen kann – und zwar unabhängig davon, ob es sich um die Futterschüssel oder ein Leckerli handelt, ist stressfreies Training mit entsprechenden Pausen möglich.

Frustfresser

Die folgenden Überlegungen basieren einerseits auf meinen Beobachtungen bei energetischen Behandlungen diverser Pferde und das Verhalten im Zusammenhang mit Futter bei meinen eigenen Pferden. 
Einer der Gründe, warum ich nicht (mehr) mit Futterlob arbeiten möchte: ich möchte dem Futter keinen besonderen Stellewert in der Beziehung zu meinen Pferden einräumen. Denn meine Pferde haben ständig Futter zur Verfügung. 

Viele Tiere in der heutigen Zeit leiden an Übergewicht und oft daraus resultierenden Zivilisationskrankheiten, daher erscheint es mir einfach nicht sinnvoll, Futter noch zusätzlich mit einem positiven Gefühl zu verknüpfen. In der Kindererziehung gilt schon längst die Empfehlung „Lebensmittel sollen nicht als Belohnung oder Strafe eingesetzt werden“ und in diversen Arbeiten wird auf den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Belohnungessen hingewiesen. Inwieweit sich das auf einen Dauerfresser wie Pferde umlegen lässt, kann ich bisher nicht wirklich abschätzen, ich kann aber durchaus bei einigen Pferden einen Zusammenhang zwischen Stress und Fressen herstellen. Und zwar in ähnlicher Weise, wie man es auch bei uns Menschen kennt. Da gibt es die, die bei Stress zur Schokolade greifen oder jene, denen sich Stress auf den Magen schlägt und die dann gar nichts mehr essen können. 

Bei meinen energetischen Anwendungen beobachte ich sehr oft, dass dann, wenn sich Blockaden lösen, Pferde anfangen, nach Fressbarem zu suchen. Ist nichts zu finden, dann wird in den Strick oder in den Anbindebalken gebissen. Während meine Stute Björk auch frei (mal abgesehen vom Frühjahr, wenn das Gras allzu verlockend ist) über die Grünflächen im Stallareal mit mir geht, senkt sich der Kopf sofort ins Gras, wenn ich den für sie jedes Jahr aufs neue mit Stress besetzten Wasserschlauch aufdrehe, und sie beginnt hektisch zu fressen.
Eine weitere Beobachtung, die ich nicht nur bei meinen eigenen Pferden (durchwegs leichtfuttrige Exemplare) gemacht habe, ist das Verhalten beim Fressen im Zusammenhang mit körperlichen Problemen. Je verspannter das Pferd, desto höher die Fressgeschwindigkeit und desto weniger Fresspausen (bei Heu ad libitum Fütterung) werden gemacht. Dass manche Pferde unter Stress nicht genug fressen, hört man ja oft. Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass das Thema Stress auch ein Faktor ist, der zu Übergewicht führen kann. 

Meine Überlegung in Bezug auf Futterlob ist nun die Folgende (ohne Anspruch auf Richtigkeit und nur in Bezug auf leichtfuttrige Pferde): 
Durch das Arbeiten mit Futterlob verstärkt man unter Umständen die ohnehin bereits stressreduzierende Wirkung von Futter. Somit motiviert man Frustfresser eventuell noch zusätzlich, Stress, Langeweile oder Frust durch mehr Fressen abzubauen.

Wenn’s gerade wo zwickt…

… ist Futterlob meiner Erfahrung nach nicht wirklich das Mittel der Wahl. Entweder funktioniert es ohnehin nicht oder die Probleme werden nur kaschiert.

Da ich selbst zwei Pferde mit ziemlich großen körperlichen Baustellen (siehe auch Jungpferdearbeit mit Hindernissen) besitze, habe ich – nach der Erkenntnis, dass die Probleme meiner alten Stute körperlichen Ursprungs sind – sehr schnell erkannt, dass in solchen Fällen weder Futterlob noch Druck basiertes Training zielführend sind. Wenn man 2 Exemplare hat, die – jede auf ihre Weise – sehr deutlich „Nein“ sagen, dann wird das auch sehr schnell sehr deutlich. Meine alte Stute Björk suchte und sucht ihr Heil in der Flucht bzw. mit Ansätzen zu steigen, während ihre Tochter Lilja ihren Unmut durch Schnappen und auch mal heben des Hinterbeins Ausdruck verleiht. 

Wie im oben verlinkten Blogartikel näher ausgeführt, hatte Lilja massive Probleme, sich auf 3 Beinen auszubalancieren. Und das zeigte sie sehr nachdrücklich. Weder kleinschrittige Belohnung, noch der Versuch, meinem Wunsch etwas deutlicheren Nachruck zu verleihen (ja, auch ich bin manchmal mit meiner Geduld am Ende, ich bin auch nur ein Mensch :-/ ) zeigten Wirkung. Erst eine deutliche Verbesserung der körperlichen Gesamtsituation brachte hier einen Fortschritt – mittlerweile kann ich die Hufe mit 2 Fingern halten und sie fängt auch an, die Beine auf Kommando zu heben. Auch bei anderen Themen wie bergab gehen oder generell längere Strecken spazieren gehen oder beim Longieren machte ich ähnliche Erfahrungen. Lilja macht grundsätzlich alles gerne mit – solange sie körperlich dazu in der Lage ist. So erarbeiteten wir uns auch das Longieren nicht durch Longieren, sondern durch Übungen, die ihr das Longieren ermöglichten. Irgendwann funktioniert es dann quasi wie von selbst. Das war schon bei ihrer Mutter so – und ich kann mich noch gut erinnern, wie sie mich anfangs an der Longe durch die Halle zog.

Futterlob und Leittiertheorie?!?

Ein Grund gegen Futterlob, dem ich persönlich so gar nichts abgewinnen kann, ist die Theorie des Pferdeflüsterers Bernd Hackl (Quelle Pferdeflüsterei):
„Der schlimmste Fehler ist das Füttern aus der Hand“, sagt er. Das Pferd, das eigentlich in der Herde lebe und sich einordne, denke dann, dass er schwach sei, weil er Futter abgebe: „Das Tier wird verwirrt, wenn es später wieder folgen soll!“ Dem Pferd gegenüber müsse man Respekt zeigen, ihm Vertrauen geben. Das habe er so in den USA gelernt, wo das Pferd ein Arbeitsmittel für die Viehzucht sei. Hier müssten sich Pferd und Reiter immer aufeinander verlassen können. Wer in der Herde gibt sein Futter ab? Der letzte im Glied, der Rangniedrigste gibt sein Futter ab. So, die gleichen Pferde haben dann Angst, wenn der Traktor kommt. Ist ja logisch, ist ja keiner da, nachdem sie sich richten können. In der Herde, wenn es irgendwie Krach gibt, dann gehen sie zum Ranghöchsten und sagen: Beschütz mich! Der Ranghöchste ist aber nicht da, ich kann es nicht sein, weil ich gebe ja mein Futter ab. Dann hat das Pferd Angst, weil es sich alleine fühlt.“ 


Ich kann diesen Zusammenhang absolut nicht nachvollziehen. Ich darf bei uns im Stall eine mittlerweile über mehr als 2 Jahre stabile Herde in den verschiedensten Situationen beobachten und das Verhalten an der Futterraufe steht für mich in keinem direkten Zusammenhang mit der tatsächlichen Herdenstruktur. Früher dachte ich, dass es wichtig ist, Höflichkeit beim Füttern auch wegen meiner Führungsqualitäten zu fordern, heute ist das für mich eher deshalb wichtig um auch in Gegenwart von Futter stressfrei arbeiten zu können bzw. das Pferd nicht ständig davon abhalten zu müssen, die Nase im Grün zu versenken. Oder eben keine Angst um meine Finger haben zu müssen, wenn es dann doch mal was aus der Hand zu fressen gibt. 

Mein Fazit

Viele Dinge, die ich oben beschrieben habe, die mich letztendlich zu einem Weg ohne Futterlob führten, sind sicherlich auch deshalb passiert, weil ich mich nur halbherzig mit dem Konzept Markertraining auseinandergesetzt habe und es nicht wirklich unter Berücksichtigung aller Aspekte durchgezogen habe. Und genau das Problem sehe ich auch bei vielen Tierbesitzern. Clickertraining und auch das Training mit Futterlob klingt so einfach, kann aber auch nach hinten los gehen, wenn man falsche Verstärker verwendet oder unbeabsichtigt die falschen Dinge verstärkt. 
Ich würde daher jedem, der mit Markertraining arbeiten möchte, nahelegen, sich an kompetente Trainer zu wenden um das Konzept wirklich zu verstehen. Futterlob alleine macht nämlich noch kein „positives“ Tiertraining aus.

Ich persönlich habe mittlerweile meinen eigenen Weg gefunden. Dieser Weg passt zu mir und ich glaube ich kann behaupten, dass das Verhalten meiner Pferde mir dabei recht gibt. Eines wird nämlich bei vielen Trainingsdiskussionen gerne vergessen: Jeder Mensch ist ein Individuum und so auch jedes unserer Tiere. Und letzendlich müssen genau diese Individuen ihren gemeinsamen richtigen Weg finden. Und dabei unterstütze ich gerne jeden, der bereit ist, in einen wirklichen Dialog mit seinem Pferd zu treten. Flüstern alleine reicht nicht, wenn man nicht bereit ist zuzuhören.

Weiterführende Links

Sabine van Waasen hat einen sehr guten Artikel mit dem Titel Pferde richtig loben – der Motivationskick geschrieben, in dem sie interessante Aspekte zum Thema Timing und Belohnungsarten bringt.


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