Futtermittel – Wassermelone

Aus der Reihe Fakten und Mythen – Behauptungen zum Thema Pferdefütterung objektiv betrachtet.

Die Wassermelone wird als gesunder und schmackhafter Snack zur Erfrischung bei heißen Temperaturen empfohlen. Auch unsereins greift ja gerne an heißen Tagen zu dieser Frucht mit sehr hohem Wassergehalt. Also warum nicht auch den Vierbeiner damit verwöhnen, wo sie doch nebenei wegen der hohen Gehalte an den Aminosäuren Arginin und Citrullin, Spurenelementen, Vitamin C und Ballaststoffen bei wenig Kalorien auch noch so super gesund ist.

Ich betone ja immer, dass es mir um die Vermittlung von Fakten geht, daher sag ich jetzt nicht einfach nur, „muss man tatsächlich alles ins Pferd füttern?“

Ich hab mal ein bisschen für Euch recherchiert… jeder braucht ein Hobby 😉

Da man für blanke Zahlen wenig Gefühl hat, habe ich die Gehalte mal mit denen von Karotten verglichen (nur in etwa korrekt, da die in den Tabellen (4) die Schale nicht berücksichtigt wird. Man findet sicherlich auch andere Werte in anderen Quellen, es geht hier um Richtwerte.

Erster Wert Melone, zweiter Wert Karotte, jeweils bezogen auf 100g (für Menschen) essbaren Anteil.
Zucker: 8,3g / 4,8g
Vitamin C: 6mg / 7 mg
Eisen: 225 µg / 385 µg
Zink: 85 µg / 275 µg
Kalium: 115 mg / 320 mg

Anmerkung:
So ganz generell als Anhaltspunkt bezüglich Zuckergehalt empfiehlt sich der Vergleich mit Würfelzucker. 1 Stück davon wiegt ca. 3g. Man kann ja dann überlegen, wie viel Stück man einem Pferd davon füttern würde.

Also hinsichtlich Vitamin- und Mineralstoffgehalt hat die Melone im Vergleich zu Karotten z.B. keine besondern Vorteile zu bieten, bleiben die speziellen Inhaltsstoffe, allen voran Citrullin (eine Vorstufe zu Arginin, welches in Wassermelonen nicht enthalten ist, in Karotten hingegen in geringen Mengen).

L-Citrullin

L-Citrullin ist eine nicht proteinogene, nicht essentielle Aminosäure, die nach der Wassermelone (Citrullus vulgaris) – in der sie in der höchsten Konzentration vorkommt – benannt ist. Man findet es aber auch in allen anderen Kürbisgewächsen und noch weiteren Pflanzen.

Anmerkung:
Man teilt Aminosäuren in proteinogen und nicht proteinogen ein. Nur die proteinogenen sind am Aufbau von Protein (Eiweiß) beteiligt. Nicht proteinogene Aminosäuren haben diverse andere Funktionen im Stoffwechsel.

Essentielle Aminosäuren müssen mit der Nahrung aufgenommen werden, nicht essentielle AS kann der Organismus auch selbst herstellen.
Semi-essentiell bedeutet, dass die AS aus Vorstufen hergestellt werden kann oder nur in bestimmten Lebensphasen essentiell ist.

Der Gehalt ist in der Melonenschale etwas höher als im Fruchtfleisch (5).
L-Citrullin ist vorwiegend bei Sportlern sehr beliebt, da es die Muskelmüdigkeit zu verringern scheint. Nebenbei soll es noch fettabbauende Wirkung haben und die Energiegewinnung während des Trainings optimieren.
Die eigentliche Wirkung erzielt Arginin, zu dem Citrullin im Körper umgewandelt wird, die Wirkung entfaltet sich dadurch langsamer und länger als wenn man Arginin direkt zu sich nimmt.

L-Arginin

L-Arginin ist eine semi-essentielle, proteinogene Aminosäure, die auch im Harnstoffzyklus eine Rolle spielt.
L-Arginin ist die alleinige Vorstufe von Stickstoffmonoxid (NO) – ein Botenstoff , welcher die Blutgefäße erweitert und für eine bessere Durchblutung sowie Blutdrucksenkung sorgt. Auf der durchblutungsfördernden Wirkung basiert auch der potenzsteigernde Effekt, der mit Citrullin bzw. Arginin in Verbindung gebracht wird. Bei Ratten führte der Verzehr von Wassermelonenfleischextrakt jedenfalls zu einer erhöhten „Besteigungsrate (Klingt auf englisch irgendwie besser…)“ (3)

Lycopin

Lycopin wird in den Empfehlungen eher selten erwähnt, kennt man vor allem aus Tomaten und ist Carotinoid (wie auch z.B. beta-Carotin, die Vorstufe des Vitamin A) und somit ein Antioxidans.
Bezüglich des Gehalts ist die Wassermelone der Tomate sogar überlegen, wäre also wohl eigentlich erwähnenswerter als Citrullin.

Fazit

Wie bei vielen Fragen zu Futtermitteln für Pferde ist die Antwort wohl: „kann man, muss man aber nicht“.
Bei einem gesunden Pferd wird man mit einem Stück Wassermelone sicherlich keinen Schaden anrichten. Der hohe Wassergehalt täuscht aber etwas über den Zuckergehalt (zumindest im Vergleich mit Karotten) hinweg.
Aufgrund des hohen Wassergehalts müsste man schon eine erhebliche Menge über einen längeren Zeitraum füttern um eine entsprechende Wirkung hinsichtlich der oben genannten Wirkstoffe zu erzielen (-> Dies ist KEINE EMPFEHLUNG, nur eine Feststellung! 😉 )

Anmerkung:
Wenn man sich bezüglich der Wirkung wo auf Studien bezieht, muss man bedenken, dass dort normalerweise Extrakte (oder aus den Pflanzen isolierte Wirkstoffe) verwendet werden. Somit ist der Gehalt nicht unbedingt mit dem in der ursprünglichen Pflanze vergleichbar.

Eine Frage, die ich mir allerdings sehr wohl stelle, ob man aufgrund der nachgewiesenen Wirkung auf die „Besteigungsrate“ bei Ratten (3) eventuell bei Wallachen sicherheitshalber auf die Fütterung zumindest größerer Mengen verzichten sollte…

Und zu guter Letzt, bei (stoffwechsel)kranken Pferden sollte man sowieso keine Experimente in Sachen Fütterung machen und im Zweifelsfall auf die bewährten Futtermittel zurückgreifen.

Quellen:

  1. Citrulline increases arginine pools and restores nitrogen balance after massive intestinal resection
    Gut 2004;53:1781–1786. doi: 10.1136/gut.2004.042317
  2. Watermelon Extract Supplementation Reduces Ankle Blood Pressure and Carotid Augmentation Index in Obese Adults With Prehypertension or Hypertension
    American Journal of Hypertension, Volume 25, Issue 6, June 2012, Pages 640–643, https://doi.org/10.1038/ajh.2012.20
  3. Effect of Watermelon (Citrullus lanatus) Flesh Extract on Sexual Behavior of Male Rats
    January 2014Chiang Mai University Journal of Natural Sciences 13(1)
    DOI: 10.12982/cmujns.2014.0054
  4. Der kleine Souci – Fachmann – Kraut; Lebensmitteltabellen für die Praxis, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 3.Auflage 2004
  5. Determination of citrulline in watermelon rind
    Journal of Chromatography A, Volume 1078, Issues 1–2, 17 June 2005, Pages 196-200